40 Jahre Frankenmeute – war das ein Fest! Einhundert Reiter aus ganz Deutschland waren zur Geburtstagsfeier nach Bad Königshofen im Grabfeld gekommen, von Hamburg und der Niedersachsenmeute bis zum Schleppjagdverein von Bayern. Einhundert Hunde aus vier Meuten: neben den befreundeten Beagles aus dem Münsterland und vom Vogelsberg hatten die Franken auch Foxhounds der Taunusmeute geladen. Und Bläser! Einhundert waren es nicht, aber gefühlt sehr wohl, denn die Rallye Trompes Moselle Sarre, die Schanzer Parforcehornbläser aus Ingolstadt, die Reiterlichen Jagdhornbläser aus München und Nürnberg, die Main Parforce und dazu noch viele „Freiberufliche“, die ihr Horn „ganz zufällig“ dabei hatten, sorgten für eine jubelnde Klangkulisse, die das gesamte Erntedank-Wochenende umrahmte.
Viele Regisseure arbeiteten monatelang für dieses “Gesamtkunstwerk“, das jetzt schon – es ist ja erst Oktober - als „Event des Jagdreiter-Jahres“ bezeichnet wurde. Master Uwe Hochbrückner und Dr. Armin Kirchdorfer als Königshofener zogen alle Strippen und dirigierten ihr Orchester aus ganz vielen Mitwirkenden. Zuerst: Acht lange Schleppen festlegen, 24 ehrliche Hindernisse bauen – darunter vier Gräben. 64 Pferde und zwei Hundepacks waren in Gastboxen unterzubringen – keine leichte Aufgabe im Frankenland. Präsident Jürgen Hoepffner war als Moderator überall zu hören, beim festlichen Konzert in der Stadtpfarrkirche, auf dem Marktplatz beim Stelldichein und der Curée, auf der Bühne für das Festtagsprogramm. Ohne den Einsatz des mittlerweile fast 75jährigen hätte die Frankenmeute ihren 40. Geburtstag vermutlich gar nicht erlebt sondern wäre vor Jahren in einer Führungskrise auseinandergefallen.
Fränkische Gastfreundschaft – dazu gehört mehr als „lange Würste und kurze Reden“, wie es den Festrednern zu bedenken aufgegeben war. Alle Mitglieder des Schleppjagdvereins agierten als
persönliche Gastgeber, backten Kuchen, schmierten Brötchen – 400 an der Zahl und ab 5 Uhr morgens nach sehr kurzer Nacht, schenkten Getränke aus, kümmerten sich.
„Peter Hochbrückner hat uns vor Bad Königshofen abgefangen und persönlich zum Stall gefahren, damit wir uns nicht verfahren und dreimal nachgefragt, ob wirklich alles o.k. ist“, waren die Münsterländer beeindruckt. Außerdem führte der Sohn des Masters mit Übersicht und einem wunderbar fit galoppierenden Pferd die Schleppenleger Holger Kirchmann und Jochen Schlesies durch die liebliche Hügellandschaft rund um Bad Königshofen.
Die drei Schleppen-Reiter vor den geschlossen jagenden Hunden – keinesfalls immer zwangsläufig ein Foxhound vorne – und vor der 12-köpfigen Equipage um Uwe Hochbrückner, Hans Nimrichter, Maria
Gillissen und Jörg Pfeifer, und dahinter dann zwei disziplinierte Felder hinter den Doktores Bosselmann und Kirchdorfer – Breitband-Kino vom Allerfeinsten! Und immer standen die Bläser genau
richtig, verteilt auf erhöhter Position, sodass der Klang der Hörner weithin schallte. Jede Bläsergruppe mit einem eigenen ortskundigen Führer, der mit Mobilfon und Stoppuhr und ganz viel
Instinkt immer gerade richtig anlandete an den fünf Stationen. Die Hundewagen immer genau dort, wo gerade ein Anhalter wartete. Der Krankenwagen blieb eingereiht in der Kolonne, auch wenn mehrere
Pferde in frisch Gegrubbertem die Beine verloren. Die Logistik für diese Jubiläumsjagd war Maßarbeit, und das Ergebnis stellte Reiter und Zuschauer gleichermaßen zufrieden.
„Heute könnt Ihr mal das machen, was Ihr immer schon mal tun wolltet: ordentlich reiten.“ Mit dieser Maßgabe schickte der Jagdherr Dr. Gerhard Bosselmann die Reiter nach dem üppigen
„Frühstück“ (in Franken ist das alles andere als Marmeladen-Brot) zum Satteln. Bosselmann hat die Franken-Reiter bei zwei Lehrgängen kennen gelernt und zur „Meute der Herzen“ erkoren. Das
Wochenende trug auch seine Handschrift: „Glückszucker“ für die Pferde, Erinnerungsgaben für die Reiter, ein ganz besonderer Jubiläumsknopf – kleine Arabesken, die den festlichen Rahmen noch
weiter verzierten.
Den schallenden Auftakt lieferte Hubert Klein mit seiner französisch-deutschen Rallye Trompes Moselle Sarre am Samstag Abend in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Unter dem prächtigen spätgotischen Netzgewölbe zündete der Maitre ein Klangfeuerwerk bei dem er die ganze Bandbreite der Trompe auslotete. Vom in diesem Rahmen eher ungewohnten „Lied der Steiger“ über selten zu hörende Jagdsignale bis zum beseelten „Ave Maria“ - die Zuhörer waren gebannt, auch von dem kenntnisreichen Vortrag über die Geschichte und die Eigenheiten des Naturhorns, das in simpler Form schon die Kelten benutzt haben. Und dann das Gedicht vom Tod des alten Hundes… - ungesehen in der abgedunkelten Kirche flossen ungehemmt die Tränen – nur das Schniefen verriet die Mitfühlenden. Umso befreiter klang der „Chant finale“ bei dem die zehn Moselle-Sarre Bläser Verstärkung bekamen. Aus allen Gegenden Deutschlands reihten sich „Zivilisten“ ein, Eugen Klein und Gerhard Bosselmann ebenso wie zum Beispiel Harald Klingbeil und Bernd Romeike, der bei Hubert Klein im Saarland gelernt hat bevor er seine Professur in Jena angetreten hat.
„Wir sind hier gerne gesehen“, hatte Jürgen Hoepffner den Gästen schon vor dem Stelldichein auf dem Marktplatz versichert, und damit hat er nicht übertrieben. Die Schleppjagd der
Frankenmeute ist ein wichtiger Baustein im Festprogramm von Königshofen zur 1275 Jahr-Feier der Festungsstadt, die nach Würzburg das wichtigste Bollwerk des Hochstifts gewesen ist. Der
Bürgermeister Thomas Helbling begrüßte die Reiter bei ihrer Aufstellung auf dem Marktplatz und verfolgte den Einzug der Equipagen vom Schlundhaus her vor das Rathaus von 1571. Der Teil der
Meute, der bei Uwe Hochbrückner untergebracht ist, lebt mitten in der Stadt und kein Nachbar protestiert. Ein Kennel direkt neben dem Neubau der Sparkasse – das gibt es sonst wohl nirgends.
Kurgäste und Einwohner verfolgten die letzte Schleppe direkt am Ortseingang genauso interessiert wie die Curée wieder auf dem Marktplatz – und zuckten zusammen beim donnernden „Horrido“ der
versammelten Reiterschar zum Abschluss.
Gänsehaut-Feeling über zwei Tage – und wie das zu Geburtstagen so ist, gab es auch Geschenke. Dr. Michael Weiler gratulierte für die Deutsche Schleppjagdvereinigung mit der obligatorischen Urkunde und die Meuten bedankten und beschenkten sich gegenseitig. Von den Münsterländern gab es einen „Plastron-Check-Spiegel“ – die Geschichte, die dahinter steckt, würde man gerne kennen. Und die Gastgeber beschenkten ihre Gäste - mit Feuerkörben aus Hufeisen damit sich die Wärme dieses Wochenendes im kommenden Winter fortsetzt.
Und dann „flog die fränkische Sau“, bis das Bier alle war. Und nach der Feier in der „Trink- und Wandelhalle“, wo man sonst nur Bitterwässer aus den zwei Königshofener Heilquellen zu sich nimmt,
waren erst mal Hindernisse wieder abzubauen. Pünktlich um 9 Uhr am Feiertags-Montag fuhren zwei Pferdetransporter und ein Hochbrückner-Firmenfahrzeug auf der Halali-Wiese vor. Die Freuden
als Gastgeber…. Und wieder waren ganz viele Frankenmeute-Mitglieder zur Stelle.
Text und Bilder: Petra Schlemm
Die Jubiläumsjagd lockte auch zahlreiche Fotografen. Viele Aufnahmen gibt es unter anderem auf den Webseiten der beteiligten Meuten zu sehen.